Nachteilsausgleich

(1) Bei Schülerinnen und Schülern mit einer nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung (z. B. Armbruch) oder mit Behinderungen, die eine Unterrichtung mit einer der allgemeinen Schule entsprechenden Zielsetzung zulassen, ist bei mündlichen, schriftlichen, praktischen und sonstigen Leistungsanforderungen auf deren besondere Bedürfnisse durch individuelle Fördermaßnahmen angemessen Rücksicht zu nehmen. Auf Antrag ist ihnen ein Nachteilsausgleich zu gewähren oder von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsfeststellung oder Leistungsbewertung abzuweichen. Hilfen in Form eines Nachteilsausgleichs oder des Abweichens von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsfeststellung sind vorrangig vor dem Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung, können in begründeten Einzelfällen aber auch nebeneinander gewährt werden.

(2) Formen des Nachteilsausgleichs nach Abs. 1 sind Differenzierungen hinsichtlich der Art und Weise der Leistungserbringung oder der äußeren Bedingungen entsprechend den Beeinträchtigungen oder Schwierigkeiten der jeweiligen Schülerin oder des jeweiligen Schülers. Dies können insbesondere folgende Maßnahmen sein:

  1. verlängerte Bearbeitungszeiten, etwa bei Klassenarbeiten und Lernstandserhebungen
  2. Bereitstellen oder Zulassen spezieller technischer Hilfs- oder Arbeitsmittel wie Computer ohne Rechtschreibüberprüfung und Audiohilfen
  3. Nutzung methodisch-didaktischer Hilfen wie Lesepfeil, größere Schrift, spezifisch gestaltete Arbeitsblätter
  4. unterrichtsorganisatorische Veränderungen, beispielsweise individuell gestaltete Pausenregelungen, individuelle Arbeitsplatzorganisation, individuelle personelle Unterstützung, Verzicht auf Mitschrift von Tafeltexten
  5. differenzierte Hausaufgabenstellung
  6. individuelle Sportübungen

Ein Vermerk über den gewährten Nachteilsausgleich ist in Arbeiten und Zeugnissen nicht aufzunehmen.

(3) Ein Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsfeststellung beinhaltet Differenzierungen hinsichtlich der Leistungsanforderungen bei gleich bleibenden fachlichen Anforderungen. Dies können insbesondere folgende Maßnahmen sein:

  1. differenzierte Aufgabenstellung, insbesondere auch bei besonderen Schwierigkeiten in den Fächern Deutsch, Fremdsprachen oder – in der Grundschule – beim Rechnen
  2. mündliche statt schriftliche Arbeiten, z. B. eine Arbeit auf Band sprechen
  3. individuelle Sportübungen

Ein Vermerk über das Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsfeststellung ist in Arbeiten und Zeugnissen nicht aufzunehmen.

(4) Ein Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung (Notenschutz) beinhaltet Differenzierungen hinsichtlich der Leistungsanforderungen verbunden mit geringeren fachlichen Anforderungen. Die fachlichen Anforderungen an Abschlussprüfungen bleiben unberührt. Folgende Maßnahmen kommen insbesondere in Betracht:

  1. differenzierte Aufgabenstellung, insbesondere auch bei besonderen Schwierigkeiten in den Fächern Deutsch, Fremdsprachen oder – in der Grundschule – beim Rechnen
  2. mündliche statt schriftliche Arbeiten, z. B. einen Aufsatz auf Band sprechen (Rechtschreibleistung entfällt)
  3. stärkere Gewichtung mündlicher Leistungen, insbesondere in Deutsch und den Fremdsprachen
  4. zeitweiser Verzicht auf eine Bewertung der Lese-, Rechtschreib- oder – in der Grundschule – der Rechenleistung in allen betroffenen Fächern
  5. Nutzung des pädagogischen Ermessensspielraumes bei Aussetzung der Notengebung für ein Fach
  6. Bereitstellen oder Zulassen spezieller technischer und didaktischer Hilfs- oder Arbeitsmittel wie Wörterbuch, Computer mit Rechtschreibüberprüfung, aufgrund derer keine Rechtschreibleistung erbracht wird
  7. individuelle Sportübungen.

Es erfolgt eine verbale Aussage in den Arbeiten und Zeugnissen, dass von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung abgewichen wurde.

(5) Die Entscheidung über die Gewährung und die Dauer eines Nachteilsausgleichs oder das Abweichen von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsfeststellung oder Leistungsbewertung trifft die Klassenkonferenz auf Antrag der Eltern, bei volljährigen Schülerinnen und Schülern auf deren Antrag oder auf eigene Initiative. Wird die Klassenkonferenz von sich aus tätig, sind die Eltern oder die volljährige Schülerin oder der volljährige Schüler vor der Entscheidung anzuhören; im Falle des Abweichens von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsbewertung ist ihre Einwilligung erforderlich. Die Gewährung eines Nachteilsausgleichs, eines Abweichens von den allgemeinen Grundsätzen der Leistungsfeststellung oder Leistungsbewertung ist in den individuellen Förderplan aufzunehmen und konkrete Maßnahmen sind differenziert festzuhalten. Die Eltern sowie die Schülerin oder der Schüler sind über die Klassenkonferenzbeschlüsse zu informieren.

Quelle:

https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/hevr-SchulVerhGVHE2011V4P7 (Abruf: 07.11.2022)

Weiterführendes Material zur Vertiefung:

Hessenrecht (Abruf: 07.11.2022)

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